Klimadialog am Berg

Am Samstag, 8. Juli 2023 diskutierten wir beim ersten „Klimadialog am Berg” mit Vertreter:innen aus Politik und Outdoorsport auf der Zugspitze, wie Bayern die selbst auferlegte Klimaneutralität bis zum Jahr 2040 auch wirklich erreichen kann.

Darum treffen wir uns mit Politikern am Berg

Wir klettern, wir biken, wir joggen, wir trailrunnen, wir fahren Ski und Snowboard und wir reden. Wir reden über das, was uns wichtig ist. Und wir reden am liebsten dort, wo wir auch am liebsten sind: Am Berg! Als NGO ist politische Arbeit essentieller Part unseres Engagements und wir wären nicht POW, wenn wir das nicht ganz konkret mit unserer Leidenschaft verbinden würden: In den Bergen fühlen und sehen wir den Klimawandel. Und wenn wir hier stehen, ganz oben in Deutschland, auf der Zugspitze, dann treffen Liebe und Leidenschaft auf Wehmut und Trauer. Es ist ein komisches Gefühl, auf diesen schmelzenden Gletscher zu schauen und zu wissen, dass wir – zumindest hierfür – zu spät dran sind.

Der BR hat uns ebenfalls begleitet und einen Beitrag gemacht:

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Aber wir wären ebenso wenig POW, wenn wir aufgeben würden, denn wie Elias Elhardt ganz richtig sagt: „Wir sind uns bewusst, dass wir Outdoorsportler:innen einen Widerspruch leben – einerseits verbrauchen wir durch die Anreise und Ausrüstung häufig viele Ressourcen, andererseits stärkt der Sport auch unsere Verbundenheit zur Natur“, verdeutlichte er. „Durch unsere tagtäglichen Erfahrungen in der Natur sehen wir die Veränderungen, die der Klimawandel verursacht, und wissen, dass etwas passieren muss.“ Für eine strukturelle Erneuerung brauche man aber die Politik, und deshalb suchen wir nun den Dialog.

Die Teilnehmer:innen aus Politik und Sport

“Die Politik” möchten wir gerne zunächst einmal vermenschlichen, denn das haben die Politiker:innen ebenso verdient wie wir Sportler:innen. Es ist der Diskussion inhärent, auf “die Politik” zu verweisen – schließlich ist es leicht, sich somit selbst zu distanzieren und dem Dialog, sowie der eigenen Verantwortung, aus dem Weg zu gehen.

Dabei sind das “da oben” ebenso Menschen. Menschen, die sich für einen Job entschieden haben. Es sind Angestellte im politischen System – wir reden also mit Menschen, die ebenso vom Klimawandel betroffen sind, die auch Hobbies nachgehen, die sich engagieren und ggf. ebenso Zukunftsängste oder Sorgen haben. Am Ende sitzen wir alle im selben Boot – beziehungsweise stehen wir an diesem Samstag alle auf demselben Berg.

Die anwesenden Politiker waren vertreten durch:

  • den Fraktionsvorsitzenden der Freien Wähler im Bayerischen Landtag, MdL Florian Streibl
  • den Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Bayerischen Landtag, MdL Ludwig Hartmann
  • den Landtagskandidaten der FDP in München-Bogenhausen, Dr. Michael Ruoff und
  • den 1. Bürgermeister der Gemeinde Grassau, Stefan Kattari(SPD), welcher sogar mit dem Fahrrad angereist war.
  • Vertreter aus der CSU waren eingeladen, sagten die Teilnahme jedoch nicht zu.

Von Seiten des Sports suchten neben Profi Snowboarder Elias Elhardt, die Autorin und Bergsportlerin Ana Zirner, der Snowboarder und Unternehmer Florian Handschuh sowie der Koordinator von POW Germany, Mats Mosel, den Dialog mit den Politikern. Michael Schröder-Schulze vertrat die Bürgerlobby Klimaschutz, Stephan Kigle von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft in München brachte die wissenschaftliche Expertise ein.

Der Trainingsplan

Es dauerte nicht lange, bis man den gemeinsamen Nenner gefunden hatte. Die Bestandsaufnahme zeigte: Es braucht einen „Trainingsplan“, wie Koordinator von POW deutschland, Mats Mosel, es nannte.

Die zentralen Themen

Im Fokus stand dabei die Notwendigkeit, nachhaltige Verkehrskonzepte zu entwickeln und die erneuerbaren Energien in Bayern massiv auszubauen. Es bleiben nur noch 17 Jahre bis zum Ziel der Klimaneutralität, und dafür klaffen aus unserer Sicht Wunsch und Realität in der Politik immer noch weit auseinander. So ging es uns um eine ehrliche Bestandsaufnahme wie im Spitzensport, das Erstellen eines „Trainingsplans“ und das herzhafte gemeinsame Anpacken, um das Ziel doch noch zu erreichen.

Unsere Idee, die unterschiedlichen Parteien zu einem Dialog an einen Tisch zu bringen und so die gemeinsame Lösung der klimapolitischen Aufgaben als Team anzugehen, hat laut allen Teilnehmer:innen gut funktioniert. In der generellen Stossrichtung des Trainingsplans waren sich alle parteiübergreifend einig. Sie wollen das ambitionierte Ziel der Klimaneutralität Bayerns bis 2040 erreichen.

Windkraft

Insbesondere im Bereich des Ausbaus der Windkraft hat Bayern großen Nachholbedarf. Laut Experte Stephan Kigle liegt Bayern im bundesweiten Vergleich, relativ zur Fläche, auf dem letzten Platz. Das muss sich dringend ändern, was auch Florian Streibl von den Freien Wählern aus der Regierungskoalition erkannte. Er betonte nicht hinter der 10-H Regel (der Abstand von Windrädern zur nächsten Wohnsiedlung soll i.d.R. mindestens das Zehnfache ihrer bauhöhe betragen), die fast für einen Stillstand des Ausbaus der Windkraft in Bayern gesorgt hat, zu stehen. Seitens Ludwig Hartmann von den Grünen sollte hier der Fokus auf der Vereinfachung der Genehmigungsverfahren liegen, um das nötige Tempo aufzunehmen. Michael Ruoff von der FDP stimmte dem zu.

Klimafreundliche Mobilität

Eines unserer Kernthemen bei POW DE ist die klimafreundlichen Mobilität, zu welcher es einen konstruktiven Austausch mit einigen konkreten Argumenten gab. Stefan Kattari von der SPD betonte, dass vor allem die Kommunen im ländlichen Bereich hier großen Bedarf haben. Bürger:innen sind bereit für Mobilitätskonzepte wie Car-Sharing, Rufbusse und eine deutlich verbesserte Taktung des ÖPNV. Florian Streibl nannte daraufhin das Fahrrad Gesetzt, das 1.500km Radwege insbesondere für den Arbeitsweg bringen wird.

Wie geht es weiter?

Die Inhalte des Trainingsplan sind also klar, aber es gibt Lücken! Und zwar die Zwischenziele, die Bayern bis 2040 wann erreicht haben muss. Hier fordern wir eine Konkretisierung bis zur Landtagswahl im Oktober. Denn genau genommen ist noch nichts genau genug. Wir haben bei den Beteiligten nachgefragt und die Antworten für euch aufbereitet.

Außerdem sehen wir es als sehr wichtig an, die Einigkeit, die wir beim Klimadialog im Münchner Haus zwischen den Parteien wahrgenommen haben, den Bürger:innen Bayerns zu zeigen und zu kommunizieren. 

Fazit: Bei den Themen sind sich also beide Seiten einig und auch bei der Notwendigkeit eines Trainingsplans. Und das fühlt sich gut an, wenn man da oben sitzt und alle an einem Strang ziehen wollen. Am Boden der Tatsachen bleibt allerdings: Noch ist nicht klar, wie Bayern das in gerade einmal 17 Jahren ganz genau schaffen will.

Rachel Pechholz

Rachel mag den Winter mehr als den Sommer und ist am liebsten mit Splitboard oder MTB in den Bergen. Egal zu welcher Jahreszeit macht sie beruflich Digital Marketing und interessiert sich für Themen wie Brands, Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Bei POW unterstützt sie daher seit 2019 im Marketing und Social Media, kreiert Kampagnen oder ist auf Events am Start.