Gesichter im Eis – der Hintergrund
Aus der Perspektive unzähliger folgender Generationen sind dies also die letzten Gletscher der Alpen. Die derzeitigen Eiskörper sind Überreste der letzten Kaltzeit. Damals reichte das arktische Eisschild bis nach Berlin. Diese Phase endete vor etwa 12.000 – 10.000 Jahren, als die Temperaturen – ausgelöst durch veränderte Erdbahnparameter – wieder zu steigen begannen und unser Planet in die jetzige Warmzeit eintrat. Die globalen Durchschnittstemperaturen dieser aktuellen geologische Epoche (“Holozän”), war bis Mitte des 20. Jahrhunderts außerordentlich stabil. Aber die enormen Eingriffe in die Chemie der Atmosphäre, wie durch die Verbrennung von Kohle, Erdöl und Gas, bewirken aus erdgeschichtlicher Sicht eine extrem schnell voranschreitende Erwärmung des Planeten.
Falls wir fossile Brennstoffe weiterhin uneingeschränkt nutzen, und unsere Treibhausgasemissionen nicht reduzieren, könnten wir unsere Erde innerhalb von nur wenigen menschlichen Generationen in eine sogenannte Heißzeit¹ katapultieren. Große Teile der Welt um den Äquator könnten so für Menschen sogar unbewohnbar² werden. Das Eisvolumen der Alpen hat sich in den letzten Jahrzehnten stark reduziert. Seit dem Beginn der Industrialisierung in der Mitte des 19. Jahrhunderts ist etwa die Hälfte der vorher von Gletschereis bedeckten Fläche verschwunden. Dennoch ist der Gebirgszug immer noch Heimat von über 5000 Gletschern. Die meisten nehmen aber nur noch relativ geringe Flächen ein.
Pasterze 1978
Pasterze 2020
Moränenschutt und Wüstensand lassen die Oberfläche der Gletscher „dreckig“ erscheinen. Schmutzpartikel aus der Industrie machen die sonst nur indirekt wahrnehmbare Luftverschmutzung unserer Zeit hier deutlich sichtbar. Der Dreck lagert sich auf der eisigen Oberfläche ab und beschleunigt so den Schmelzprozess, denn er verringert den Albedo-Effekt, der die Strahlung von den sonst weißen Oberflächen zurück ins All reflektieren könnte. Stattdessen erhitzt sich die nun weitgehend dunkle Oberfläche noch schneller.
Das Projekt „Gesichter im Eis“ führt uns durch Österreich, Italien, Deutschland, Slowenien, die Schweiz und Frankreich. In Slowenien und teils auch in Deutschland gibt es nur noch ausgesprochen kleine Eiskörper, sogenanntes „Toteis”, an dem aufgrund der sich verändernden Temperatur- und Niederschlagsverhältnisse kaum neues Eis mehr gebildet werden kann. Diese Gletscher zeigen deshalb kein Fließverhalten mehr und schmelzen daher an Ort und Stelle ab. Ein derartiges Schicksal erwartet viele Alpengletscher bereits innerhalb dieses Jahrhunderts.
Alle Fotos (c) Christian Bock
1. Steffen et al., Trajectories of the Earth System in the Anthropocene, Proceedings of the National Academy of Sciences, Juli 2018
2. Global risk of deadly heat, Mora et al, Nature Climate Change, Volume 7, Juli 2017
Referenzen/Quellen auf https://www.christian-bock.net/de/projects /die-letzten-gletscher-der-alpen/